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Unter dem Titel „Venetianersagen" berichtet Rudolf Schramm, aus Greiz-Irchwitz, von geheimnisvollen Schatzsuchern, die, haupt­sächlich aus Venedig stammend, im Sommer vom Süden gen' Norden zogen, um in Bergen und Tälern, Höhlen, Flüssen und Bächen nach Edelerzen, Halb­edelsteinen und Flußperlen zu suchen, die sie ihren heimischen Manufaktu­ren, etwa der auf Murano vor Venedig betriebenen Glasmanufaktur zuführten. Schatzsucher kamen auch ins Vogtland. In seinem Buch berichtet Rudolf Schramm:

Der Goldsucher von der Göltzsch
Das Göltzschtal
Das Göltzschtal heute

Dass die Weiße Elster und Ihr Nebenfluß Göltzsch einstmals Gold mit sich führten, wussten vor längst vergangenen Zeiten findige Männer, die meist von weither aus Italien oder Österreich kamen, um im Bett der Flüsse nach Goldkörnchen oder im goldhaltigen Gestein der Berge zu suchen. Sie betrieben ihre Wasch-und Schürfarbeit mit großer Heimlichkeit und hielten sich mit ihren Schätzen in Uferhöhlen der Flüsse versteckt. Nach ihrer Heimat führt noch heute die größte dieser Höhlen im unteren Göltzschtal den Namen Venetianerhöhle.
Es soll schon Post und Eisenbahn in Greiz gegeben haben, als einmal ein sol­cher Fremdling in die Gegend kam, um die Göltzsch und ihre Ufer nach Gold abzusuchen. Weit hinter dem Böhmerwald musste er hergekommen sein, als er eines Abends im Frühjahr in die Stube eines armen Leinwebers im heutigen Greizer Ortsteil Sachswitz trat.
Im dürftigen Gewand, in langen Wasserstiefeln und mit lederner-Tasche mit blanken Schnallen und kleinen weißen Muscheln besetzt, machte er den Eindruck eines armen Wandergesellen.
Da er versicherte, er habe nur wenig Geld, um in einer Herberge Unterkunft zu nehmen, den Webersleuten aber vertrauenerweckend erschien, gewährten sie ihm seine Bitte um ein einfaches Nachtquartier sowie eine bescheidene Mahl­zeit. Sie wiesen ihm für ein geringes Kost- und Schlafgeld ein Stübchen an.
Des Morgens wanderte er dem Göltzschtal zu und kam jeden Abend mit aller­lei zerschlagenem Gestein in seiner Tasche nach Hause. Darüber schüttelten die Webersleute oft verwundert den Kopf und hielten ihn für einen Sonderling. Als er gar aus den Steinen kleine Pakete machte und auf die Post nach Greiz oder Elsterberg trug, zweifelten sie fast an seinem Verstand. So trieb er seine Arbeit wochenlang, bis er eines Tages die Heimreise antrat. Im nächsten Früh­jahr stellte er sich bei seinen Wirtsleuten wieder ein und trieb sein Geschäft wie zuvor, zehn Jahre lang.
Als er zum letzten Mal Abschied nahm, lud er seinen Wirt als Dank für die jahrelange freundliche Aufnahme zum Besuch bei sich ein. Den Ort werde er ihm noch brieflich mitteilen, und für's Reisegeld werde er auch sorgen. Im Frühjahr darauf traf ein Brief mit dem Schein für eine lange Fahrt mit der Eisenbahn bis wer weiß wohin ein. Als er nach tagelanger Bahnfahrt gen' Süden am Zielort ausstieg, empfing ihn ein gar vornehm gekleideter Herr, in dem er zu seinem großen Erstaunen seinen früheren Gast, jenen ärmlich ge­kleideten Steinsammler, erkannte. Síe bestiegen eine Kutsche und fuhren zu einem prächtigen Palast. Hier lud ihn der Herr ein, sein Gast zu sein, denn sie seien bei ihm zu Hause.
Da machte unser biederer Leinweber gar große Augen und konnte sich nicht satt sehen an der Pracht des herrlichen Marmorpalastes. Er gab aber auch seiner Verwunderung Ausdruck über den Wandel des Hausherrn vom armen Steinsammler zum reichen Schloßherrn. Darüber lächelte der und sagte: ..Ge­wiß, als ich vor zehn Jahren das erste Mal zu euch kam. war ich bettelarm. In zehn Jahren wurde ich wohlhabend und schließlich reich. Und das verdanke ich dem Goldsand und den reichen Stücken Erz, die ich damals in euerer Göltzsch gefunden habe." Mancher Greizer oder Fremde mag auf des Webers Kunde von den reichen Funden jenes Fremdlings in der Göltzsch gesucht haben. Aber nur wenige winzige Goldflitterchen waren die karge Ausbeute einer harten Goldwäscherarbeit.

- nach Rudolf Schramm -

 


 
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